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15.  Januar 2025

Tariftreueregelung – Das regional übliche Durchschnittsentgelt und die pflegetypischen Zuschläge

Die Umsetzung der Tariftreueregelung ist abgeschlossen. Sie hat nicht nur leistungsgerechte Entlohnungsstandards etabliert, sondern auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von Pflegeeinrichtungen nachhaltig verändert. Vor diesem Hintergrund möchten wir Ihnen die wesentlichen Regelungen und deren Bedeutung für Ihre Pflegesatzverhandlungen vorstellen – mit konkreten Empfehlungen, wie Sie die Herausforderungen meistern können.

1.Gesetzliche Grundlage der Tariftreueregelung

Diese Regelung basiert auf den §§ 72 und 82c SGB XI in Verbindung mit den entsprechenden Zulassungs- und Pflegevergütungsrichtlinien. Pflegeeinrichtungen sind seit dem 01.09.2022 verpflichtet ihre Entlohnung an Tarifverträge, kirchliche Regelungen oder das regional übliche Entgeltniveau (rüE) anzupassen. Ziel ist es, eine faire Bezahlung von Pflege- und Betreuungskräften sicherzustellen, während die Wirtschaftlichkeit der Einrichtungen gewahrt bleiben muss.

2.Begrifflichkeit der Entlohnung und die Wirtschaftlichkeit der Personalkosten

Zu den Entlohnungsbestandteilen nach § 72 Abs. 3b SGB XI zählen folgende Bestandteile: 

Abbildung 1.1

Wichtig ist, dass die Entlohnung ausschließlich in Geld erfolgt – Sachleistungen wie Gutscheinkarten oder die private Nutzung von Dienstwagen sind von der Regelung ausgeschlossen. Auch variable Jahressonderzahlungen, welche sich beispielsweise an der Anwesenheit orientieren sind nicht zulässig.

Diese Einschränkungen stellen Einrichtungen vor neue Herausforderungen, da die Personalkosten einen erheblichen Anteil der Gesamtkosten ausmachen. Eine Prüfung der Refinanzierung von Entlohnungsbestandteilen, insbesondere vor ihrer Einführung, ist essenziell, da die Anerkennung beispielsweise von Sachbezügen je nach Bundesland variieren kann.

3.Wirtschaftlichkeit der Personalkosten

Ein zentraler Aspekt ist die Beachtung der Wirtschaftlichkeit, die sich je nach Bindung an Tarifverträge, Tarifanlehnung oder Orientierung am regional üblichen Entgeltniveau unterscheidet.

3.1. Tarifgebundene Einrichtungen
Für tarifgebundene Einrichtungen gelten alle Bestandteile des Tarifvertrages uneingeschränkt. Diese können nicht mit dem Argument der Unwirtschaftlichkeit abgelehnt werden. Wichtig ist, dass hier das Pflege- und Betreuungspersonal genauso behandelt wird wie das sonstige Personal, etwa in Verwaltung oder Hauswirtschaft (vgl. § 82c Abs. 1 SGB XI).

3.2. Einrichtungen mit Tarifanlehnung
Wenn Einrichtungen sich an einen Tarifvertrag anlehnen, wird zusätzlich die Wirtschaftlichkeit geprüft. Das bedeutet, dass die Entlohnung die Grenze des regional üblichen Entgeltniveaus zuzüglich 10 Prozent nicht überschreiten sollte (Vgl. § 82c Abs. 2 SGB XI). Für sonstige Arbeitnehmer wird hingegen kein festgelegtes Maximum definiert – ihre Gehälter können bis zur Höhe tariflicher oder kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen als wirtschaftlich gelten (vgl. § 72 Abs. 3 b S. 1-3; § 82c Abs. 2a SGB XI).

3.3. Durchschnittszahler (rüE)
Einrichtungen, die das regional übliche Entgeltniveau (rüE) zugrunde legen, dürfen die Entlohnung für Pflege- und Betreuungspersonal ebenfalls um bis zu 10 Prozent über diesem Niveau ansetzen. Für sonstige Arbeitnehmer gelten allgemeine Bemessungsgrundsätze gemäß § 82c Abs. 2a SGB XI. Diese orientieren sich an Leistungsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit, wobei externe Vergleiche herangezogen werden.

4.Auswirkungen auf die Pflegesatzverhandlung und Handlungsempfehlung

Die Tariftreueregelung hat erhebliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Planung und Verhandlungsstrategie von Pflegeeinrichtungen. Besonders relevant ist der steigende Druck auf Pflegesatzverhandlungen, da die Personalkosten den größten Anteil der Gesamtkosten ausmachen. Die Einhaltung der Tariftreueregelung führt zu höheren Personalkosten, die in den Verhandlungen berücksichtigt werden müssen.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, sollten Pflegeeinrichtungen frühzeitig Maßnahmen ergreifen:

  • Effizientes Controlling etablieren: Überwachen Sie die Personalkosten präzise und permanent. Eine aktuelle Datenbasis ist essenziell, da Ein- und Austritte von Mitarbeitenden den durchschnittlichen Stundenlohn beeinflussen.
  • Vergütungsstruktur klar ausweisen: Differenzieren Sie zwischen fixen und variablen Vergütungsbestandteilen. Dies schafft Transparenz und erleichtert die Argumentation in Verhandlungen.
  • Einheitliche Berufsbezeichnungen (z.B. examinierte Pflegefachkraft, Pflegehilfskraft, 1-jährige Pflegehilfskräfte) verwenden.
  • Tätigkeitsanteile dokumentieren: Erfassen Sie Tätigkeiten detailliert, insbesondere wenn Mitarbeitende weniger als 50 Prozent ihrer Arbeitszeit in der Pflege tätig sind.
  • Strategische Vorbereitung von Pflegesatzverhandlungen: Planen Sie erwartete Kostensteigerungen frühzeitig ein, um finanzielle Engpässe durch verzögerte Anpassungen zu vermeiden.
  • Steuerfreie Zuschläge: Überprüfen Sie, ob bestehende Zuschläge Bestandsschutz genießen, und vermeiden Sie nachträgliche Erhöhungen, die die Wirtschaftlichkeit gefährden könnten.

Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen können Sie die wirtschaftlichen Herausforderungen der Tariftreueregelung aktiv angehen. Wir stehen Ihnen gerne zur Seite, um Sie bei der Entwicklung tragfähiger Lösungen zu unterstützen.

Geschäftsführende Gesellschafterin

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