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15. Januar 2025

Nachweisverfahren nach § 84 Abs. 7 SGB XI: Anforderungen und praktische Hinweise

Mit der Einführung der Tariftreue trat zum 1. September 2022 eine wesentliche Neuerung für Pflegeeinrichtungen nach SGB XI in Kraft: Das Nachweisverfahren gem. § 84 Abs. 7 SGB XI in Verbindung mit den vom GKV-Spitzenband veröffentlichten Nachweisrichtlinien. Per Gesetz sind alle Pflegeeinrichtungen verpflichtet, die in der Pflegesatzvereinbarung zugrunde gelegten Gehälter und Entlohnungen jederzeit einhalten und auf Verlangen nachweisen zu können. Diese Verpflichtung gilt zwar nicht erst mit Einführung der Gesetzesänderung 2022, jedoch sind die Vorgaben eines Nachweisverfahrens über die Personalkosten erstmalig konkret festgelegt.

Warum ist das für Sie wichtig? Diese Neuerungen betreffen sowohl tarifgebundene als auch nicht-tarifgebundene Einrichtungen und können bei Nichteinhaltung erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen. Im Folgenden informieren wir Sie über die gesetzlichen Anforderungen, die dazugehörigen Richtlinien sowie praktische Tipps, wie Sie sich optimal vorbereiten können.

 

Gesetzliche Grundlage und Zielsetzung

Gemäß § 84 Abs. 7 SGB XI sind Einrichtungen verpflichtet, die im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen festgelegten Gehälter nach § 82c SGB XI korrekt umzusetzen und auf Anfrage der Vertragspartner nachzuweisen. Ziel ist die Sicherstellung fairer Entlohnung und Transparenz im Rahmen der Pflegesatzvereinbarungen. Der GKV-Spitzenverband hat Richtlinien entwickelt, die die Durchführung des Nachweisverfahrens konkretisieren. Diese gelten für ambulante Pflegedienste, teil- und vollstationäre Pflegeeinrichtungen (inkl. Kurzzeitpflege) sowie Pflegekassen und Träger der Sozialhilfe.

Wesentliche Aspekte der Nachweisrichtlinien

Die Nachweisrichtlinien des GKV-Spitzenverbandes konkretisieren die Umsetzung dieser Verpflichtung. Dabei können Prüfungen für Zeiträume ab dem 1. September 2022 durchgeführt werden und umfassen maximal 24 Monate rückwirkend.

Orientierung an Tarifmodellen:

Bei Tarifgebundene Einrichtungen wird geprüft, ob die vollständige Einhaltung der Tarifbindung erfüllt wird.

Bei Nicht-tarifgebundene Einrichtungen erfolgt der Nachweis der Entlohnung auf Basis der regional üblichen Vergütungen. Hier ist deutlich darauf hinzuweisen, dass eine vereinbarte Überschreitung des regional üblichen Entgelts (bis 10 %) umzusetzen ist. Sollte sich im Rahmen eines Nachweisverfahrens nach § 84 Abs. 7 SGB herausstellen, dass zwar das regional übliche Entgelt und somit die Zulassungsrichtlinien erfüllt werden, jedoch die vereinbarten Entlohnungen im Prüfungszeitraum nicht umgesetzt wurden, kann es hier zu erheblichen Rückzahlungen kommen.

Nachzuweisende Unterlagen:

  • Anonymisierte Personallisten mit Angabe der Qualifikationsgruppe bzw. Tätigkeit, wöchentliche Arbeitszeit, Angabe des Gehalts bzw. der Entlohnung und Ein- & Austrittsdaten
  • Anonymisierte Gehaltsabrechnungen der Mitarbeiter.
    Bei tarifgebundenen Einrichtungen wird die Menge der einzureichenden Gehaltsabrechnungen mit mindestens 25 % der Belegschaft begrenzt. Einrichtungen, die nach dem regional üblichen Entgelt zahlen, sind verpflichtet, alle Gehaltsabrechnungen einzureichen.
  • Auf Verlangen sind zusätzlich anonymisierte Arbeitsverträge einzureichen.

Mögliche Folgen bei Nichteinhaltung

Verstöße gegen die Nachweispflicht oder Abweichungen von den vereinbarten Entlohnungen können schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen:

  • Kürzung der Pflegevergütung: Wird im Rahmen des Nachweisverfahrens festgestellt, dass die vereinbarten Entgelte nicht an das Personal weiteregegeben wurden, kann gemäß § 115 Abs. 3b SGB XI die Vergütung für die Dauer der Pflichtverletzung gekürzt werden.
  • Kündigung des Versorgungsvertrags: Wird festgestellt, dass das regional übliche Entgelt über einen längeren Zeitraum nicht eingehalten wird, kann dies zur Kündigung des Versorgungsvertrages führen.

Praxisbeispiele und Handlungsempfehlungen

  • Fehlbetrag-Analyse: Im Rahmen des Nachweisverfahrens sind die Vertragspartner (Leistungsträger) angehalten, das Ergebnis der Prüfung innerhalb von acht Wochen nach Einreichung der Nachweise mitzuteilen. Im Falle einer Unterschreitung der vereinbarten Entlohnungen würde sich ein „Fehlbetrag“ ergeben. Stellen Sie sicher, dass durch die Vertragspartner identifizierten „Fehlbeträge“ geprüft werden. Die Auswertung der entstandenen Personalkosten über bis zu 24 Monate ist umfangreich und bringt Fehlerpotential mit sich. Aus diesem Grund ist eine Offenlegung der Ermittlung essenziell um die Berechnung nachvollziehen zu können. Im besten Fall sollten beide Vertragsparteien im Rahmen eines Nachweisverfahrens eine eigene Ermittlung erstellen.
  • Unternehmensprozesse optimieren:
  • Implementieren Sie ein regelmäßiges Controlling Ihrer Personalkosten.
  • Dokumentieren Sie Ihre Entgeltstrukturen lückenlos und stellen Sie deren Übereinstimmung mit den Vereinbarungen sicher.
  • Schaffen Sie ein EDV-gestütztes System, das alle relevanten Daten anonymisiert verwalten kann.

Ihr Vorteil: Frühzeitige Vorbereitung

Die Anforderungen an Pflegeeinrichtungen steigen – insbesondere in Bezug auf Transparenz und Nachweispflichten. Wir empfehlen Ihnen, die genannten Maßnahmen frühzeitig umzusetzen, um mögliche Sanktionen vorzubeugen. Unsere Experten stehen Ihnen gerne zur Verfügung, um Sie in diesem Prozess zu unterstützen.

Lena Müller
Pflegesatzreferentin

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