15. Januar 2025
Die neue Personalbemessung nach §113c SGB XI
Die stationäre Langzeitpflege in Deutschland steht bekanntermaßen vor großen Herausforderungen: Der demografische Wandel führt zu einer stetig wachsenden Zahl pflegebedürftiger Menschen, während der Fachkräftemangel die Personalplanung erschwert. Prognosen zufolge könnten bis 2035 mehr als 6,3 Millionen Menschen auf Pflegeleistungen angewiesen sein – eine Entwicklung, die die Bedeutung einer bedarfsgerechten Personalbemessung umso dringlicher macht. Bislang war die Personalplanung in Pflegeheimen von regionalen Unterschieden geprägt, sodass pflegebedürftige Menschen in verschiedenen Bundesländern trotz ähnlicher Pflegegrade unterschiedlich betreut wurden. Um diese Ungleichheit zu verringern und den steigenden Anforderungen gerecht zu werden, trat 2023 das bundesweit einheitliche Personalbemessungsverfahren nach §113c SGB XI in Kraft.
Die Einführung des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) im Jahr 2016 und die damit verbundene Verpflichtung zur Entwicklung eines Personalbemessungsverfahrens zur Sicherstellung einer gerechten und bedarfsgerechten Personalausstattung haben die Notwendigkeit eines einheitlichen Systems unterstrichen. Die gemeinsame Pflegeselbstverwaltung auf Bundesebene beauftragte daraufhin die Universität Bremen mit der Entwicklung und Erprobung eines wissenschaftlich fundierten Verfahrens, das 2020 mit dem Abschlussbericht vorgelegt wurde. Diese Arbeit bildet die Grundlage für die Personalbemessung nach §113c SGB XI, die seit dem 1. Juli 2023 in der stationären Langzeitpflege in Kraft ist. Die Studie analysiert detailliert die Pflegebedürftigkeit und den Personalbedarf in verschiedenen Einrichtungen, um ein fundiertes Modell zur Berechnung der erforderlichen Personalressourcen zu entwickeln.
Gesetzliche Grundlagen nach §113c SGB XI
Mit der Einführung des Personalbemessungsverfahrens nach §113c SGB XI wurde eine präzise Methode zur Berechnung der erforderlichen Personalausstattung in Pflegeeinrichtungen geschaffen. Ab dem 1. Juli 2023 können Pflegeeinrichtungen in der stationären Langzeitpflege die benötigte Anzahl an Pflegekräften nach einem festgelegten Schlüssel ermitteln. Dies umfasst sowohl Pflege- als auch Betreuungspersonal und unterteilt sich in drei Qualifikationsniveaus:
- QN 1 und QN 2: Hilfskräfte ohne pflegerische Ausbildung
- QN 3: Pflegehilfskräfte mit einer mindestens einjährigen landesrechtlich geregelten Ausbildung
- QN 4: Fachkraftpersonal, d.h. examinierte Pflegefachkräfte mit einer dreijährigen Ausbildung in der Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege oder als generalistische Pflegefachkraft
Die neuen Regelungen ermöglichen es Pflegeeinrichtungen, die Anzahl der zu beschäftigenden Mitarbeiter nach Qualifikationsniveau genau zu berechnen. Der §113c Abs. 1 Nr. 1-3 SGB XI lässt Anpassungen auf Landesebene zu, sodass je nach regionalen Anforderungen die Personalanhaltswerte angepasst werden können. Der Bestandsschutz ermöglicht es den Einrichtungen, auf höhere Personalvereinbarungen in den Pflegesatzverhandlungen zurückzugreifen, jedoch nur, wenn diese bereits vor der Umstellung auf das PeBeM-Verfahren vereinbart wurden.
Zielsetzung und Anpassungen der Personalanhaltswerte
Das Personalbemessungsverfahren nach §113c SGB XI verfolgt drei zentrale Ziele:
1. Verbesserung der Personalausstattung
Ein zentrales Ziel des Verfahrens ist die langfristige Sicherstellung einer stabilen Personalausstattung in den Pflegeeinrichtungen. Die festgelegten „Zielwerte“ – die Untergrenzen der Personalanhaltswerte – wurden zuletzt am 31. Juli 2024 durch das Bundesministerium für Gesundheit aktualisiert und bilden nun die Grundlage für eine praxisnahe Umsetzung in allen Einrichtungen. Diese Zielwerte dienen als Übergangsregelung und ermöglichen eine schrittweise flächendeckende Einführung. Bis Juni 2025 ist eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Zielwerte vorgesehen, um den sich verändernden Anforderungen und der tatsächlichen Personalsituation gerecht zu werden. Mit einer bedarfsgerechten Anpassung des Personals soll der Fachkräftemangel bekämpft und langfristig eine hohe Pflegequalität sowie bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte gesichert werden.
2. Einheitliche, bundesweite Struktur der Personalbemessung
Ein weiteres Ziel des Verfahrens ist die Angleichung der Personalschlüssel auf bundesweiter Ebene. In Deutschland gab es zuvor große regionale Unterschiede in der Personalausstattung, da die Bundesländer jeweils eigene Personalschlüssel festlegten. Das neue Verfahren trägt dazu bei, diese Unterschiede zu verringern und eine einheitliche Personalausstattung in allen Regionen zu gewährleisten. Dies fördert nicht nur eine gerechtere Verteilung der Ressourcen, sondern stärkt auch die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse für alle Bewohner im Bundesgebiet.
3. Personalbemessungsverfahren ohne zusätzlichen administrativen Aufwand
Ein weiteres Ziel des Verfahrens war die Entwicklung eines Systems, das ohne zusätzlichen administrativen Aufwand auskommt. Es soll auf bestehenden Daten basieren, sodass keine zusätzlichen Prozesse in den Pflegeeinrichtungen erforderlich sind. Diese Effizienz soll Zeit und Kosten sparen und ermöglicht eine schnelle Anpassung der Pflegeeinrichtungen an die neuen Vorgaben.
Fazit
Die Personalbemessung nach §113c SGB XI stellt einen bedeutenden Schritt in Richtung einer gerechteren und bedarfsgerechteren Personalausstattung in der stationären Langzeitpflege dar. Durch die Einführung eines wissenschaftlich fundierten und bundesweit einheitlichen Verfahrens wird die Versorgungssituation für Pflegebedürftige nachhaltig verbessert. Die regelmäßige Anpassung und Überprüfung der Personalanhaltswerte sowie die festgelegten Zielwerte ermöglichen eine kontinuierliche Optimierung der Pflegebedingungen. In Zukunft bleibt es wichtig, die praktische Umsetzung genau zu beobachten, um das Verfahren bundesweit in allen stationären Einrichtungen erfolgreich einzuführen.